Heilpraktikerin für Psychotherapie

Meine spirituelle Reise nach Nepal 2019

„Der Pfad der eigenen Mitte liegt nirgendwo sichtbarer vor dir als in Nepal.
Sich auf Nepal einzulassen bedeutet, sich auf sich selbst einzulassen.“

Ein Satz von Sangita Chitrakar Hess, der mich tief berührt und nicht mehr loslassen wird.

Und so buchte ich gemeinsam mit meiner Klangkollegin Evi diese Reise, in der ich mich für das Schreiben einer Geschichte aus Abenteuer, Abschied und Neubeginn entschied.

Zeitlich passend dazu starten wir zum Bisket Jatra - einem wichtigen Festzyklus in Nepal.
Hier geht es um das zentrale Thema des Loslassens. Altes wird verabschiedet, es wird „aufgeräumt“ - ein Neubeginn wird möglich.
Über mehrere Tage spüren wir die Lebensenergie, erleben Rituale, erfahren die Bedeutung der Musik als Medium zwischen Menschen und Göttern. Wir erleben, mit welcher Freude und Zuversicht die Menschen das Neue Jahr 2076 begrüßen.

Am 8.04.2019, nach einem entspannten Flug, holt uns Naresh, der sich in den nächsten Tagen noch als treuer und zuverlässiger Begleiter bzw. Berater erweisen sollte, vom Flughafen in Kathmandu ab. Sicher manövriert er uns mit seinem Auto durch den recht lauten und quirligen Berufsverkehr in Richtung Bhaktapur. Uns erwartete in „Shiva Guesthouse“ eine schöne saubere Unterkunft mit freundlichen Menschen, die während des gesamten Aufenthaltes bemüht sind, es uns so angenehm wie möglich zu machen.

 shiva guest house nepal

 
09.04.

Am nächsten Tag geht Sangita, die in Bhaktapur geboren und aufgewachsen ist, mit uns auf Entdeckungstour durch die eine Hälfte der Stadt. Sie erzählt uns von der Königsfamilie, die auf tragische Weise ums Leben gebracht wurde und von deren Nachfahren. Wir bewundern die vielen verschiedenen Tempel, verschiedensten Göttern gewidmet und die dazu gehörigen Häuser.
Sangita kennt Geschichten über die Göttin Vadraki (Schwermut), Assima (Mutterliebe), Nawtapola (mitfühlende Helferin)und Bhaiarba (Schlafstörungen) zu erzählen.
Ein besonderes Erlebnis ist auch der Besuch bei einer Schneiderin, in der wir uns für das bevorstehende Fest einkleiden lassen .
Am Abend erfreuen wir uns an fröhlich spielenden Kindern, die munter auf den Festwagen herum klettern. Beim traditionellen Dahlbat Essen lassen wir den Abend ausklingen.

Palast Bhaktapur 


10.04.

Der nächste Tag führt uns zu einer Werkstatt, in der Peter Hess Klangschalen in traditioneller Handarbeit hergestellt werden. Wir beobachten die Arbeiter bei ihrer schweren und mühseligen Arbeit und dürfen einen Blick in das Lager werfen. Eine Sangha Schale findet darauf hin, nach kurzer Preisverhandlung, ihren Weg in meinen Rucksack.
Etwas später begegnen wir das erste Mal einem Schamanen, einem Fubaja – eine gewisse Faszination ist spürbar.
Danach führt uns Sangita durch den nicht touristischen Teil Bhaktapurs. Sie zeigt uns die Tempel von den Gottheiten Balakugagnesha (Vergesslichkeit), Triparisumdari (Mitte, Balance), Mahakal (Reichtum) und Mahalaxmi (finanzielle Sicherheit). Überall in der Stadt gibt es kleine Tempel, die von den Anwohnern gebaut wurden.

Anschließend geht es zum ersten großen Festakt vom Bisket Yatra – der Hauptgott Bhairav und seine Göttin Bhadrakali verlassen ihre Tempel und nehmen in ihren Festwagen – Chariots - Platz.
Bei diesem Ritual nimmt fast die gesamte Bevölkerung der Stadt Bhaktapur teil. Die kräftigen jungen Männer Bhaktapurs versuchen jeweils den Wagen in Richtung Unter bzw. Oberstadt zu ziehen. In diesem Jahr gewinnt nach einigen Stunden des Ringens und der Spannung die Oberstadt. Naresh ist es gelungen, uns in einem Restaurant mit Balkon einen Platz zu sichern. So können wir dem Geschehen aus sicherer Höhe folgen.
Viele Musikgruppen begleiten das Geschehen und lassen eine tranceartige Atmosphäre entstehen.

 traditionelle Handarbeit

Bisket Yatra

 

11.04.

Am nächsten Morgen besuchen wir das wichtigste hinduistische Heiligtum Nepals, Pasupatinath.
Es ist ein ungewohntes Gefühl, so öffentlich das Verbrennen der Toten und die dazu gehörigen Rituale zu beobachten. Auch hier weiß Sangita viel Interessantes über Traditionen und Zeremonien zu berichten. Ist z.B. der Vater gestorben, kommt dem ältesten Sohn eine besondere Rolle zu. Für uns als Außenstehende ist er an den geschorenen Kopf und dem weißen um die Lenden geschlungenen Tuch zu erkennen. In den nächsten 365 Tagen wird der junge Mann ausschließlich weiße Kleidung tragen.
Danach treffen wir auf einen Hindupriester, der mit uns eine Zeremonie durchführt. Wie noch sehr oft in den nächsten Tagen, stehen unsere persönlichen Wünsche in Hinblick auf die Gesundheit und Harmonie der Familie im Mittelpunkt.
Beim weiteren Entdecken haben wir das große Glück, einen jungen Mann in leuchtend gelber Kleidung beim Aufnahmeritual in den Kreis der Erwachsenen zu beobachten. Wir beschließen, ihm mit einigen Euro den Eintritt in das Erwachsenenleben zu verschönern. Er freute sich sichtlich.

Weiter geht es dann nach Baudhnath - einer wunderschönen Stupa. Diese wurde, wie so viele der alten Kulturstätten, durch das Erdbeben von 2015 stark zerstört und steht nun in neuer strahlend weißer Pracht imposant vor uns. Interessant ist es zu erfahren, dass hier ein kleiner Tempel für die Hindus integriert ist. Natürlich nehmen wir auch hier an dem üblichen Ritual teil.
Anschließend besuchen wir in einem tibetisch buddhistischen Kloster eine Klangmeditation (Puja)
Zu unserem Verwunderung legen die Mönche zwischendurch eine Pause zum Essen und Trinken ein.

 Pasupatinath

 Stupa


12.04.

Der nächste Tag führt uns in die Königsstadt Patan. In allen drei Königsstädten Nepals, Bhaktapur, Kathmandu und Patan gibt es eine lebendige Göttin – die Kumari. Das sind Mädchen aus einer bestimmten Familie, die von Priestern aufgrund ihrer besonderer Energien ausgewählt werden, um für einige Jahre die lebendige Göttin zu verkörpern. Die gesamte Familie des Mädchens wohnt während dieser Zeit im Tempel Kumarichok. Im Palast bekommt das Mädchen Unterricht und Besuch von Freundinnen. Außerhalb des Tempels darf die Kumari nur getragen werden. Sie darf mit den Füßen nicht die Erde berühren. Wir besuchen die Kumari, ein kleines Mädchen, das ganz ruhig mit rotem Sari und geschminkten Gesicht all die fremden Besucher empfängt.
Beim Betrachten eines Ladens mit Silbergegenständen für Hochzeiten erzählt Sangi von entsprechenden Ritualen. Der Silberspiegel und die Münzen haben es mir angetan. Ich überlege, wie ich diese in die Hochzeitsfeierlichkeiten unseres ältesten Sohn einflechten kann.
Dann kommen wir zum goldenen Tempel. Dort lauschen wir der Geschichte von Buddha, wie ihm Tiere nach einer Verletzung wieder zur Gesundheit verhalfen. Der Museumsangestellte freut sich über unser großes Interesse.
Nebenher erfahren wir, dass in Nepal 36 Sprachen gesprochen werden. U.a. alte Sprachen wie Newari und Sanskrit. Sprachen, die unsere Sangita spricht.
Natürlich darf an diesem Tag nicht die Besichtigung des beeindruckenden Königspalastes von Patan fehlen.
Den Tag schließen wir mit einer Erstanprobe unserer speziellen Festkleidung ab.

 Königsstadt Patan

 Harmonie


13.04.

Am nächsten Tag starten wir schon um 6.30 Uhr mit Naresh zum Flughafen nach Kathmandu.
Wir freuen uns auf einen Rundflug über den Himalajýa, insbesondere hoffen wir einen Blick auf den Mount Everest werfen zu können. Nach einer unspektakulären Kontrolle starten wir mit 16 Passagieren in einem kleinen Motorflugzeug von Smirek Airlines. Leider dauert der Flug nicht lange. Nach dem Erspähen erster schneebedeckter Gipfel, verdichten sich die Wolken plötzlich und der Pilot verkündet den Rückflug. Auch in den nächsten Tagen sollte uns ein erneuter Versuch nicht vergönnt sein.
Nach einem Einkaufsbummel durch Bhaktapur nehmen wir von Sangita die angefertigten Festkleider, Kurtas, in Empfang.
Anschließend fahren wir nach Changunarayaan, dem ersten Königstempel. Auch hier weiß Sangita die entsprechende Geschichte zu erzählen. Und natürlich gibt es wieder ein entsprechendes Ritual für die Gesundheit der Familie:)
Dann wandern wir abwärts ins Tal vorbei an Sallibäumen, genießen ein Obstpicknick und atmen die friedliche Atmosphäre.
Wieder bei unserer Unterkunft angekommen, machen wir uns auf den Weg zu Sangitas Haus. Dort warten schon eine Cousine und die jüngere Schwester Sahana auf uns. Sie helfen uns beim Anlegen der Saris. Heute ist der letzte Tag des Jahres 2075. Wir wollen besonders schön sein, und laufen einige Stunden im Sari durch Bhaktapur. In der Ferne grollt der Himmel, doch es fällt kein Regen.

 erster Königstempel

 

14.04.

Heute ist das neue Jahr 2076 angebrochen. D.h. heute vor 2076 Jahren wurde der erste König in Nepal gekrönt. Schon ganz früh am Morgen begrüßen viele Musikgruppen rhythmisch das neue Jahr mit ihren Instrumenten. Gemeinsam mit Sangita ziehen wir durch die kleinen Gassen Bhaktapurs und kaufen in einem kleinen Laden Gewürze ein. Sangita zeigt uns ihre Lieblingsstraße, den Ort, wo sie zur Schule ging. Wir kommen durch das Viertel, in dem die „Messingfamilien“ wohnen.
Dann geht es zum Haus von Peter Hess. Im Erdgeschoss besichtigen wir das Lerncafe und werden von dem Leiter über das Projekt der Boris Hess Foundation informiert. Hier wird sich um mehr als 30 Kinder gekümmert. Alle Kinder haben einen Paten.
Eine etwas längere Mittagspause verbringen wir bei Sangitas Mama und ihren zwei Schwestern.
Und unterhalten uns in einer gemütliche Frauenrunde. Anschließen schauen wir erwartungsvoll inmitten einer Menschenmenge zu wie der Limgam in eine Richtung fällt.
Das Abendessen ist heute sehr traditionell. Aus „Blättertellern“ gibt es viele kleine scharfe Gerichte. Der Joghurt mildert das Feuer in unserem Mund. Das bringt Glück:) Wir stoßen mit einem kleinen Schnaps an.

 Jahr 2076


15.04.

Am nächsten Tag geht es nach Thimi zum Farbenfest. Heute begleitet uns Naresh. Ausdauernd bahnt er uns einen Weg durch die Menschenmassen. Schon nach kurzer Zeit werden wir von fröhlichen Menschen mit Zinnoberpuder überschüttet - ein unbedingter Glücksbringer für das neue Jahr:) Bunt geschmückte Wagen werden hier von jungen manchmal nicht mehr ganz nüchtern erscheinenden Männern durch die Straßen getragen. Und es wird getanzt.
Nach zwei Stunden kehren wir um und essen Momos im Shivas 2.
Am Nachmittag geht es dann nach Bode, einem anderen Stadtteil Bhaktapurs. Hier streift ein auserwählter Dorfbewohner eine längere Zeit mit einem eisernen Dorn in der Zunge durch die Straßen und trägt in einer Prozession eine brennende Fackel.
Den Abschluss des Tages bildet der Besuch bei einem Schamanen, der nach Bedarf Horoskope erstellt.

 Thimi

 

16.04.

Am nächsten Morgen, nach einem Kaffee, fahren wir bereits um 5 Uhr zu einem Bergkamm. Hier erhoffen wir uns einen schönen Blick auf das Himalaya Gebiet. Leider verbergen sich die hohen Berge in der Ferne hinter einer hartnäckigen Wolkendecke. Es bedarf einiger Geduld, doch endlich zeigt sich die Sonne. Nach einem Frühstück im Freien fahren wir weiter in ein kleines Bergdorf.
Hier werden wir von neugierigen kleinen Mädchen empfangen und zum Bergschamanen in eine Hütte geführt.
Nach einer längeren Mittagspause fahren wir wieder in Richtung Kathmandu.
Wir besichtigen eine Weberei, shoppen ein wenig und erklimmen dann die 365 Stufen der Stupa
Swoyembunath - einem wichtigen buddhistischen Kraftort. Auch hier weiß Sanghita interessante Geschichten über die Entstehung des Ortes zu erzählen. Vor der Garnesha Statue bitten wir in einem Ritual um die Gesundheit allgemein und auch spezieller in Hinblick auf unsere Eltern und Kinder.
Das ist ein Moment der allen sehr nah geht.

 Himalaya

 buddhistischer Kraftort


17.04. - 21.04.

Abgerundet wird unsere Reise durch den viertägigen Aufenthalt im Frauenkloster Kopan. Hier können wir die vielfältigen Erlebnisse nachwirken lassen und beim meditativen Mandala Malen unter fachkundiger Anleitung des traditionalen Malers Madhu Chitrakar und dessen Tochter Sahana vertiefen.
Intensiv erleben wir eine zweistündige Morgenmeditation mit den Nonnen. Bevor es wieder nach Bakthapur geht, begleitet uns Madhu zum Männerkloster, welches sich auf einem Hügel in Kathmandu befindet. Hier haben wir einen freien Blick auf das Tal und die umliegenden Berge. Beim Spaziergang durch die Gärten mit den prächtigen Gebäuden und Kunstwerken werden unsere Sinne verwöhnt.
Wieder in Bhaktapur angekommen runden wir die Erlebnisse mit einer schönen Massage ab.

meditatives Mandala malen

Blick auf das Kathmandu Tal


22.04.

Am nächsten Tag erkunden wir den bis dahin noch nicht besuchten Tempel der Göttin Braamhayani. Nun haben wir die Tempel aller acht Göttinnen von Bhaktapur erlebt. Wir bummeln noch ein wenig durch die Stadt und lassen die Reise ausklingen.

Leben in Bhaktapur

Abschied


Liebe Sangita,

den Pfad meiner Mitte konnte ich in den Begegnungen mit den Menschen, den vielen Tempeln, Stupas und Erlebnissen in Nepal neu entdecken. Es war eine inspirierende besondere Zeit mit dir und den anderen Frauen. Mein Reisebericht ist ganz sicher nicht vollständig. Meine Reisegefährtinnen hätten sicher Vieles hinzuzufügen bzw. haben Manches anders wahrgenommen.
So könnte jede ihre eigene Geschichte schreiben. Manche Erlebnisse habe ich bewusst nur anklingen lassen, da sie doch sehr tiefgreifend und persönlich gewesen sind.
Ein herzliches Dankeschön an Madhu, deine Mama, deine Schwestern und Naresh. Und alle Menschen, die im Shiva für unser Wohl gesorgt haben.
Bis auf ein glückliches Wiedersehen.

Ramona